Orgel Erdmann & Märtens von 1904
Erbauer: Erdmann & Märtens, Neuhaldensleben.
Tonumfang: C- f′′
Pedal: C- d′
pneumatische Kastenlade,
(I/P, 6 Register), 1 Manual, Zinn-Prospekt: Principal 8’ und Octave 4’ 2009 erneuert.
Orgeleinweihung 2009
Nach 20-jährigem Schweigen Einweihung am 16.8.2009 nach Restaurierung durch Fa. W.Sauer. Seitdem einmal im Monat Orgelandachten durch Sven Sander organisiert.
Orgelweihe Süplingen 1904
Taufrisch, im Dufte der blühenden Linden, vom Glanze der aufsteigenden Sonne übergossen, lag die Natur in der Frühe des 3. Sonntags nach Trinitatis (1904) vor uns, als wir dem lieblichen gelegenen Dorf Süplingen bei Neuhaldensleben zuschritten, wo die Gemeine heute einem Tag der Freude entgegenging. Von dem Regen, dem langersehnten der letzten Tage neu belegt, duftete der Wald rundum und sein mannigfaches Laub wogte und flimmerte im Morgenwinde in so köstlicher Verschiedenheit der grünen Färbungen, dass das Auge mit Entzücken die Schönheit zu erfassen suchte und immer neue Reize entdeckte. Dazu tirilierte und jubilierte es aus dem Waldesdome zu uns her in vielstimmigen Gesange seiner holden, gefiederten Gäste und sieh, dort im Kirschbaume am Wegrande wiegt sich ein Goldammerpärchen ganz nahe uns zutraulich zu zwitschernd, wie schön doch die Welt und wie gütig der Allerhalter sei, dass er auch ihrer nicht vergesse. Der Finken buntberockte, in diesem Jahre besonders zahlreiche Gesellschaft flötet mit der Amsel um die Wette und als die grünen Wiesen auftauchen, der Wald sich lichtet und das malerische, hügelige Gelände der Fluren Süplingens vor uns liegt, da erheben die Lerchen emporsteigend zu dem azurblauen Himmel ihren Lobgesang auf den Schöpfer und bringen ihm ihren Morgengruß dar. Unsre Seele ist bewegt von dem Anblick dieser holdseligen Vöglein und möchte es ihnen nachtun im Emporsteigen zu den reinen Höhen eines Gott suchenden Strebens. Im sonntäglichen Frieden liegt das Dörfchen im Schmucke wohlgepflegter Gärten vor uns, Schulknaben mit Gesangbüchern begegnen uns schon und als wir eintreten in den rosenduftenden Pfarrhof und von den Freunden geleitet, den alten Gottesacker, der die kleine St. Annen-Kirche umgibt, durchschreiten, tönt vom schlichten, mit stumpfem Ziegeldach versehenen Turm der Glocke Ruf und ladet die Gemeinde zur Andacht ein. Ein Festesodem durchzieht das freundliche Kirchlein, das heute, wie an allen Sonntagen, nicht die Schar der nach Gottes Wort Verlangenden zu bergen vermag und der Vergrößerung dringend bedarf. Blumen schmücken den Altar und umschlingen die Pfeiler, die die Emporen tragen. Von dem reinen Weiß der Wände heben sich auf blauem Grunde gemalte goldene Sprüche leuchtend ab: Gott ist die Liebe“ rufen sie uns zu und „Wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Gott in ihm.“ Zu jeder Seite des Altars aber stehen die Schulknaben der Gemeinde, andächtig und ernst blicken ihre hellen Augen zur Mittelempore empor, um den Gottesdienst auf ein Zeichen des Lehrer mit dem kräftig einsetzenden Chorale: „Lobe den Herren“ im a capella“ Gesange zu eröffnen. Darauf spricht der geliebte Seelsorger vom Altar aus die Worte der Weihe, den Segen des Höchsten für die Orgel erflehend. Jetzt eine Sekunde erwartungsvollen Schweigens - Spannung liegt auf allen Zügen – und dann durchhallen die wundersamen Harmonien des dem Dienste des Herrn geweihten Instrumentes das schlichte Gotteshaus in so ergreifender Weise, dass vielen Hörern die Tränen über die Backen laufen. Besonders die alten Glieder der Gemeinde, die an ihrer kleinen Kirche mit großer Innigkeit hängen, sind bewegt und können vor Beben der Lippen kaum einstimmen in den Jubelchor, den die Orgel machtvoll begleitet: „Nun danket alle Gott“. Sie gedenken der Schwierigkeiten, die sich beim Bau der Orgel, der seit 5 Jahren mit Eifer betrieben wird, in den Weg zu stellen schienen und die nun über Erwarten schnell beigelegt werden konnten, und sie fühlen mit Stolz, jeder Einzelne der Hörer fühlt es heute, dass sein Scherflein dazu beitrug, das lieblich tönende Werk zu erwerben. Kein Haus schloss sich bei dem Spenden für die Orgel aus und dies will viel sagen, in einer Gemeinde, die manch´ armselig Häuslein neben den wohlhabenden Bauerngütern aufweist. Doch jetzt betritt der Geistliche die Kanzel, mit dem apostolischen Gruß heißt er in bewegter Stimme die Gemeinde willkommen und gibt den Gefühlen des Glückes Ausdruck, der sie heute erfüllt. Er gedenkt der treuen Helfer unter den Menschen, die der Kirche die klingende Herrlichkeit verleihen geholfen. Vom Patrone, dem Grafen v. d. Schulenburg-Bodendorf bis zum kleinen Schulkinde und der armen Witwe hat jedermann teils durch Gaben, teils durch Mitwirkung an Familienabenden usw. beigesteuert den Bau zu ermöglichen. „Lobet den Herrn in seinem Heiligtume“ sagt der 150. Psalm, „lobet ihn mit Saiten und Pfeifen, alles was Odem hat lobe den Herrn.“ Das sei der Text unsrer Predigt heute…Tiefe Bewegung sprach aus aller Mienen und jubelnd wurden die Schlussverse von „Sei Lob und Ehr` dem höchsten Gut“ von allen Anwesenden mitgesungen. Als dann Gebet und Segen den Gottesdienst beendet hatte, gab´ s draußen auf dem Kirchplatze unter der hochragenden Linde neben den alten, riesigen Grabsteinen früherer Jahrhunderte ein lebhaftes Händeschütteln und Gespräch mit dem Erbauer der schönen Orgel (Firma Erdmann und Märtens), deren Teilhaber Märtens ein Sohn des Dörfchens ist. „Willem, dat hettst de schön gemacht“, „Unse Orgel hat en prachtvollen Klang“, wenn dat diene gaude Mudder erlebt hädde“; „ Wi All`hebb´n ook dortau hulpen, Willem“ - – so schwirrt es um den glücklichen Meister Märtens herum, der lacht über´s ganze Gesicht und es will ihn dünken, als habe die kleine Dorfstraße noch nie so strahlend freundlich im Sonnenglanze vor ihm gelegen als heute, da er sie im Kreise seiner Freunde und Verwandten entlang schreitet. Wir aber wünschen, dass alle die Pessimisten, die immer von einem Zurückgehen des religiösen Lebens in unserem Volke reden, diesen Sonntag in Süplingen erlebt hätten. Da hätten sie erkannt, dass das kirchliche Leben, wie das Sichhalten zum Worte Gottes in den ländlichen Gemeinden noch immer ein reges ist, wo der Seelenhirte es versteht, der Gemeinde das hohe Gut in rechter Weise nahe zu bringen. Wie groß die Freude der ganzen Gemeinde an der schönen Orgel ist, erhellt daraus, dass die Haus-Kollekte am Nachmittag des Einweihungstages 169 Mark 70 ergab; für ein kleines nur zum Teile wohlhabendes Dorf ist dies eine große Summe, namentlich, da schon seit Jahren aus jedem Hause an Familien-Abenden zu Aufführungen u.s.w. zu der Orgel beigesteuert worden war. Zum Schlusse möchten wir für alle Gemeinden unsrer teuren evangelischen Kirche gleiches Interesse an der Veredelung ihrer gottesdienstlichen Feiern erbitten, wie es die Orgelweihe in Süplingen vorbildlich gelehrt hat. (B. Felix in der Zeitschrift: „Aus unseres Herrgottskanzlei, Evangelisches Gemeindeblatt für Magdeburg und Umgebung, Magdeburg, den 16. Juli 1904)